Liebe und Verliebtsein
Bei einem meiner zahlreichen schönen Vater-Sohn Momente meiner Kindheit fragte ich einmal meinen Vater zum Thema Liebe. Er druckste zunächst einmal herum, möglicherweise fürchtete er die Frage, auf die ich mich heute ebenfalls fürchte, nämlich wie Kinder denn nun wirklich entstehen.😳 Irgendwann erlangte er dann wieder seine Fassung, denn seine Antwort war eindeutig: „Sohn, das wichtigste, was Du über die Liebe wissen musst, ist, dass sie irgendwann endet“, sagte er sanft und lächelte dabei schelmisch.🤭
Bumm. Das saß. Das war zwar nicht die Antwort, die ich als verträumter Knabe, der gerade anfing, das andere Geschlecht irgendwie gut zu finden, unbedingt erwartet hatte. Sie ließ aber an Klarheit nichts missen.
Zur Verteidigung meines Vaters muss ich 2 Dinge sagen. Erstens: Er verkörpert als herzensguter Mensch eher einen wissenschaftlich-analytisch-technischen Typen und weniger den schmachtenden Troubadour. Zweitens: er kam kurz danach noch einmal zu mir und setzte unser Gespräch fort. Dabei relativierte er – sichtlich mit schlechtem Gewissen - seine Aussage und meinte, dass die anfängliche Liebe sich wandelt und Dinge wie Verbundenheit, Vertrauen, Zuneigung - nicht zu vergessen das gemeinsame Faible für gutes Essen - dazukommen. OK, damit konnte meine Kinderseele schon mehr anfangen.
In meiner Schulzeit konnte ich meines Vaters Theorie nicht wirklich einem Praxistest unterziehen, denn die Mädchen gingen mir konsequent aus dem Weg. In meiner Sturm und Drang-Zeit blieben die Frauen seltsamerweise nur sehr kurz an meiner Seite, sodass für eine empirische Untersuchung mit validen Daten der Zeitraum schlichtweg zu kurz war. 😇Dann lernte ich jene Dame kennen, die einst in einem schwachen Moment leichtsinnigerweise „Ja“ sagte und die ich folgerichtig heute meine Frau nennen darf.
Nachdem meine Frau mittlerweile ein Jahrzehnt mit mir durchgestanden hat – womit sie sich meiner Meinung nach durchaus für das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verdient macht – kann ich auf eine valide Datenbasis zurückblicken und folgende Theorie aufstellen: die Liebe nimmt mit zunehmender Beziehungsdauer zu. Was oft mit Liebe verwechselt wird, ist das Verliebtsein. Diese Phase mag durchaus abnehmen (deswegen ist sie auch eine Phase). Aber das macht nichts! Stattdessen treten andere Erscheinungsformen der Liebe auf den Plan: eine tiefe Verbundenheit, eine Seelengemeinschaft, Vertrauen, Achtung, Respekt für u.a. 2 Geburten uvm...
Wäre ich damals bei unserer Unterredung etwas älter und um die Segnungen der höheren Mathematik reicher gewesen, hätte mein Vater seine Antwort auf meine Frage wahrscheinlich so formuliert: „Während das Verliebtsein in Relation zur Beziehungsdauer einen negativen Korrelationskoeffizienten aufweist, ist der Anstieg der Liebes-Kurve hingegen eine Konstante.“
So muss Romantik :😊
Klugscheißer-Tipps:
- Wenn Ihre Frau Sie fragt, ob es irgendetwas gibt, was Sie an ihr ändern würden, dann ist der Moment der Wahrheit gekommen. Und dann hilft nur eines: lügen, lügen, lügen! 😊
- Umarmen Sie Ihre Frau gelegentlich und vor allem, wenn sie überhaupt nicht damit rechnet. Einfach so. Wenn Ihre Frau Sie danach mit großen, ungläubigen Augen anstarrt und mit der Hand eine Scheibenwischer-Bewegung macht, dann haben Sie Gewissheit, dass die letzte Umarmung schon ein Zeitchen her ist.
Text: Paul Grohmann, am 12.2.2022
Foto: Facebook/Paul Grohmann