Süchtig nach (bad) news
Also momentan herrscht ja an Negativ-Schlagzeilen ein Überangebot, mein lieber Scholli! Da werden wir Konsumenten mal wieder bestens versorgt: Einmarsch in der Ost-Ukraine, die von Natur aus friedliebenden USA rufen zur Besonnenheit auf, in Österreich jagt ein U-Ausschuss den nächsten, Corona, und jetzt auch noch das: „Wiener trinken weniger Bier“, lautet eine Schlagzeile, die ich soeben auf orf.at gelesen habe. Damit ist Gewissheit: lang steht die Welt nicht mehr!
Nicht minder spannend ist der Prozess, den solche Schlagzeilen bei mir in Gang setzen. Dieser Prozess lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: „Mehr!“
Ja, richtig gelesen, mein Verstand will mehr davon. Keine Ahnung, warum. (geht’s noch Jemandem so?) Also informiere ich mich über die geopolitischen Hintergründe der Ukraine-Krise, checke die aktuellen Corona-Fallzahlen und stelle Nachforschungen an, was denn den Menschen dazu bewegen kann, so etwas Schreckliches zu tun: nämlich weniger Bier zu trinken!
Dank diverser Google- und Facebook-Algorithmen, welche unsere Interessen mittlerweile besser kennen als unsere Lebenspartner es tun, bekomme ich verlässlich jene News ausgespielt, die mein Verstand braucht. Ein aktueller Auszug: Geiselnahme im Apple Store, Menschenhandel-Prozess, Bitcoin-Zocker betrügen Anleger in Millionenhöhe, Wiener Parkpickerl ist eine „Katastrophe“, Wut-Skandal um Tennisspieler, Trump findet Putin „genial“ etc.
Nach einer derart ausgiebigen Lektüre der Medienlandschaft muss ich mit Erstaunen feststellen, dass meine Laune immer noch viel zu gut ist. Das muss sich schlagartig ändern, also gehe ich noch eine Runde auf Twitter. Da wurde ich noch nie enttäuscht 😊
Klugscheißer-Tipps:
- Scrollen Sie einige Minuten durch Google-Schlagzeilen bzw. Ihre Twitter- oder Facebook-Timeline und spüren Sie danach in sich hinein, ob es Ihnen nun besser geht als vorher.
- Ist die Antwort „Nein“, so seien Sie ganz unbesorgt: so geht’s uns allen! 😊
- Wenn Sie eine Antwort haben, warum wir das dann trotzdem tun, sagen Sie’s mir und ich werde Sie reich belohnen 😊 Diese Antwort wäre mir durchaus etwas wert!
Text: Paul Grohmann am 23.2.2022
Foto: Paul Grohmann/Facebook